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Bast, Bast, Passt!

Juli 28, 2016 0 comments

Ich schnuppere beim Eintreten. Hhmm, das riecht gut! Nach Gras, Heu, nach lauen Sommerabenden, nach Kindheit. Ich tauche ein in die Welt des Bast, Hanf und geflochtenem Stroh. Hüte, Taschen, Clutches, Teppiche, Stühle, Sessel…es ist das Bastparadies. Anders als in den touristischen Läden mit Souvenirs, Salz der Insel, Wurst und Schinken fühle ich mich hier herrlich entspannt, fast schon geborgen, denn es ist ruhig, ohne ausgestorben zu sein. Man spricht viel mallorquinisch. Die Besitzer: Vater und Sohn, seit 1955 verkaufen sie hier Bast- und Strohwaren.

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„Früher gab es hier mehrere mimbrerías“, erzählt der Senior. „Alle haben zugemacht – auch wenn es um die Tradition schade ist, das ist auch unser Glück“, fügt er hinzu. „Wir sind quasi die einzigen in Palma, die diese Dinge führen.“ Am besten gehen die großen Taschen für den Markteinkauf. Wir sind relativ modeunabhängig, aber hier passt man sich schon ein wenig an. Rosa oder gestreift, mit Aufdruck, etwas Glitter…

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Tomás Vidal führt den Laden. Er repariert aber auch noch nebenbei Korbstühle.

 

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Gar nicht so einfach, die Sache mit dem Selfie plus Strohhut.

Hüte kommen an zweiter Stelle. Ein leichter Strohhut im Stil eines Panamahutes, ein wagenradgroßes Etwas, das definitiv die Sonne abhält? Ich versuche es mit letzterem und passe kaum auf den kleinen Spiegel – für eitle Gemüter ist das hier nichts. Der Spiegel ist fast ein bisschen versteckt zwischen all den Bastmatten, Taschen und Hängematten. Apropos Hängematte, das wäre doch fantastisch für die Terrasse zu Hause. Luftig mit schönen großen Maschen. Tomás Vidal Junior führt den Laden und erzählt mir, woher die schönen Bast- und Strohsachen kommen. „Die Markttaschen und geflochtenen Körbe kommen von hier, aus  Artà, Sóller oder Algaida.   Familienbetriebe, oft ältere Leute, die in Ruhe die Körbe flechten.“ Kleine Palmen mit fächerförmigen Blättern sind der Ursprung, Plantagen auf der Insel? „Ach was…die wachsen wild, im Gebirge und werden dort dann abgeschnitten.“ Eine kleine Rauchdusche, um sie zu bleichen und dann in einem langen Streifen, der später zu einem Korb geformt wird, geflochten. Die etwas härteren Bambussachen stammen aus gespaltenen Bambushalmen. „Hier wird nichts gebleicht oder gefärbt“, sagt Tomás. „Das ist 100% Natur.“ Vieles kommt von der Península, dem Festland Spaniens. Die feinen Gräser geben zum Beispiel die runden Bodenmatten ab.

Natürlich hat Qualität auch immer seinen Preis, wobei Junior und Senior hier sehr moderat  und bescheiden sind. Ein schöner heller, dicht geflochtener Strohhut mit schwarzem Dekobandkostet unter 15 Euro, kleine praktische Körbchen für Obst, Brot oder Badutensilien je nach Größe fünf bis zehn Euro.

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Ich schaue nach oben. Auch die Decke hängt voller Korb. Zwei kleine Puppenwagen, Stühle, Lampenschirme. Ich fühle mich ein wenig wie bei den Twits (auf deutsch die „Zwicks stehen Kopf“). In der bitterbösen Kindergeschichte des englischen Autors Roald Dahl kleben Vögel aus Rache an einem gehässigen älteren Ehepaar alle Möbel an die Decke und suggerieren damit, die Welt der Twits stehe Kopf. Am Ende glauben die beiden, sie würden schrumpfen…was sie dann tatsächlich auch tun. Solche bösen Absichten unterstelle ich Junior und Senior der Mimbrería Vidal jetzt einmal nicht.

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Ich streife weiter durch den Laden. Ja, hier kann man fündig werden für nette Mitbringsel aus dem Urlaub. Aber auch ein durchgebrochener Korbstuhl wird von den Vidals repariert. Das macht Tomás vor allem in den ruhigen Wintermonaten, wenn die touristische Laufkundschaft fehlt. Mir gefallen vor allem die bunten kleinen Bast-Clutches und die luftigen Hängematten. Die Sonne brennt die Tage besonders. Also…auf in den netten Laden und einen leichten Hut besorgen oder gleich die Hängematte und ab in den Schatten!

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