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Es reicht! Goodbye Mallorca

Juni 21, 2018 0 comments

Er war dort, wo viele hinwollen. Er hatte einen Job als Redakteur, konnte sich zwischendurch seinen Traum als Bierbrauer mit eigener Marke verwirklichen und seine Wohnung lag einen Steinwurf vom Mittelmeer entfernt. Und trotzdem sagte er sich irgendwann: es reicht. Thomas Zapp, Mallorca Magazin-Redakteur und Bierbrauer der Marke „NAU“ zieht von Mallorca nach Esslingen, bei Stuttgart.

 

Im eigenen Biergarten des Craftbeers NAU. Quelle: Danyel André

Was bewegt jemanden nach 14 Jahren Mittelmeer, Costa Blanca am Anfang und später Mallorca, wieder nach Deutschland zurück zu gehen?

Austausch? Kaum möglich

Thomas Zapp möchte es nicht schwarz-weiß ausdrücken. Aber es bleibt komischerweise gar nicht aus, die „Klischee-Falle“ schnappt hier und da zu. „Richtige Gespräche mit Tiefgang, das habe ich vermisst“, erzählt der gebürtige Bielefelder. Und gibt direkt zu: Schöngeister seien das dort auch nicht in seiner Heimatregion. Eher trocken: Auf ein „Und wie?“, folge meist ein „Jo, muss.“

Mallorca sei auch nicht wirklich Spanien.

„Eine komische Mischung, das Ganze hier. Die vielen Deutschen, Festlandspanier, Mallorquiner.“ Er vermutet, dass es auch mit der oft prekären Jobsituation für viele auf Mallorca zu tun haben könnte. „Auf Mallorca geht es oftmals darum, welcher Job als nächstes kommt, weil der Laufende ja eh befristet ist, nach dem Motto: Nächstes Jahr? Mal schauen, chiringuito oder vielleicht doch bei irgendwem, irgendwas, irgendwo? In Deutschland, zumindest in unserem jetzt gutbürgerlichen Umfeld, sind wir die Exoten und Abenteurer. Hier hat jeder seinen Job und das ziemlich fest, d.h. man redet über Hausbau oder was sich im Job so tut. Gleichzeitig lässt das aber auch Raum im Kopf, sich mehr über den Gegenüber Gedanken zu machen, es wird schneller persönlich.“

Und was machst du so?

Wer auf Mallorca beruflich etwas erreichen möchte, entdeckt oft ungeahnte Talente. Das kann Vorteile haben, verwundert aber manchmal schon, warum plötzlich Menschen zu Immobilienverkäufern werden, im Bau tätig sind und vorher davon keinen Schimmer hatten. Nach Ausbildung werde hier ja oft nicht gefragt. Es sei viel Show gewesen, man müsse sich präsentieren, sich gut verkaufen, vor allem innerhalb der sogenannten Residentenkreise, findet er. Was machst du, wie lange bist du schon hier, wen kennst du…

Das sei nicht seins.

Durch die Kinder habe er natürlich Zugang zu vielen Spaniern und Mallorquinern bekommen. „Ich habe mich immer als Gast gefühlt. Als willkommener zwar, aber doch als Gast. Ganz zu Hause nie“, sagt er. Vielleicht sei es eine Art Selbstschutz der Mallorquiner vor den Horden von Touristen, die die Insel jedes Jahr überrollen. Rückzug, kein Bedürfnis nach neuen Freundschaften mit „Fremden“, das Eigene schützen, unter sich bleiben.

Ach ja, die Mallorquiner…“Viele von Ihnen sind stur und häufig ziemlich „borde“, also grob und ungeschliffen. Aber ich mag an ihnen ihre Lässigkeit, und Ruhe und manche sind echt cool, weil sie Kohle machen, es aber nicht so raushängen lassen, sich selbst auch nicht so wichtig nehmen. Und natürlich habe ich für mich wirklich wichtige Menschen kennengelernt und tolle Freundschaften geschlossen; Menschen, die wahnsinnig hilfsbereit sind. Mit einer Mentalität: Geben ohne Hintergedanken.“

„Vieles ist hier toll. Ich liebe das Meer, das Licht, die Freundlichkeit, die man Kindern entgegenbringt. Wohnen zwischen Bergen und Meer sei schon was anderes, als in Hannover zur Arbeit zu gehen.

Da muss ich ihm recht geben: Tauchgänge bei der Arbeit, das kann man sonst selten erleben.

Bei einem Tauchgang für eine Mallorca Magazin Reportage. Quelle: MM

Wer ewig graue Wintertage aus Deutschland kennt, wird Thomas´ folgenden Kommentar wohl schwer verstehen können: „Die ständige Sonne hat mich aber irgendwann genervt“.  Thomas Zapp lenkt ein: „Der Blick aufs Meer hat mich aber nie gelangweilt, speziell an „meiner“ Bucht von Ciudad Jardin, den werde ich auch vermissen, besonders mit Hund oder joggend.“

Direkt ins Herz der deutschen Ordnung

Jetzt geht es nach vielen Jahren ins beschauliche Esslingen, bei Stuttgart. Die Vorurteile, die man den Schwaben nachsagt, sieht er sportlich. „Wenn schon Piefigkeit, dann wenigstens eine neue, nicht die altbekannte.“

Ich muss lachen, als er mir von seinem „gelebten Albtraum“ erzählt. Wieder zurück in die alte Heimat gehen, womöglich im ehemaligen Jugendzimmer wohnen und morgens aufwachen und sich fragen: „Habe ich das am Ende alles nur geträumt?“ Ich beruhige ihn. Die beiden Söhne hätten das schon schnell wieder gerade gerückt.

Ich hatte ihn noch gefragt, ob er zum „Genderthema“ was sagen könne…also ob er die Rollenverteilung von Mann und Frau und das Verhalten untereinander, anders als bei uns empfinde. Seine Antwort bestätigt eigentlich meine These: „Zum Gender-Ding habe ich nicht so viele Erfahrungen gesammelt, ich habe hier viele selbstbewusste Frauen kennengelernt, die auch respektiert werden, von Mallorquinerinnen bis Argentinierinnen; ich glaube sogar, dass sie teilweise die Hose anhaben, weil die Männer vor allem ihre Bequemlichkeit und Freiheit lieben.“

Genau, denke ich mir, die Freiheit lieben…was auch immer darunter zu verstehen ist.

Heimat – ziemlich komplexe Sache

Heimat ist eben nicht so einfach zu bekommen. Sich verwurzelt fühlen, dazu braucht es einiges. Manchen gelingt es leichter, manche finden auf Mallorca nie ihre zweite Heimat. Woran das liegt, ist oft schwer auseinander zu klamüsern.

Fast 14 Jahre mussten es dann aber doch sein, bevor er bereit war, die Koffer zu packen. Dann aber auch richtig. Mit Hausverkauf hier und Hauskauf dort. Wenn schon, denn schon. Ich drücke ihm ganz fest die Daumen, dass der Wechsel gut läuft, die Wurzeln im schönen Esslingen langsam und stetig sprießen und es auch jobtechnisch rund läuft.

 

 

 

 

 

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