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Kunst im Paradies – Sa Bassa Blanca

März 31, 2017 0 comments

Schon allein der Weg hierher ist ein Traum. Die leichten Nebelschwaden ziehen über die Bucht von Alcùdia, die Luft ist noch frisch, der Weg ein wenig holprig. Aber das macht es alles umso spannender. Mein Ziel heute ist das Museum Sa Bassa Blanca (Fundación Yannick y Ben Jakober). Es liegt wie eine weiss leuchtende Festung direkt am Wasser, gewährt traumhafte Blicke Richtung Bucht.

Luftaufnahme von Sa Bassa Blanca. Quelle: msbb

 

Wie von Geisterhand öffnet sich das Tor zum Parkgelände. Das Auto bleibt auf dem Parkplatz und ich gehe zu Fuß weiter. Bald schon tauchen sie vor mir auf, die vielen grossen steineren Wächter: Ein Kamel, ein Bulle, kleine Hunde mit übergrossen Ohren. Im Morgenlicht sehe ich das Haus und trete ein.

Der Eingang des Haupthauses

 

Das einzige Gebäude von Hassan Fathy in Europa

Das Haus ließen die Besitzer Ben und Yannick Jakober von ägyptischen Architekten Hassan Fathy entwerfen  und auf den Grundmauern einer ehemaligen Possesió, einem Gutshaus, errichten. Es ist das einzige Gebäude von ihm in ganz Europa. Hassan Fathy, auch bekannt als der Architekt „der Armen“, weil er sich für soziale Wohnideen einsetzte, gelang es, den arabischen Stil mit Türmen und Kuppeln, dem bepflanzten Innenhof mit Brunnen und dem leicht verschachtelten Wohnbereich mit den spanischen Dekorationselementen zu kombinieren.

Wer eine Tour machen möchte, kann um 11, 12, 15 oder 16 Uhr vorbei schauen und erhält einen wunderschönen Blick hinter die Kulissen des Haupthauses. Früher wohnten die Besitzer und Kunstsammler Jakober hier das ganze Jahr über, jetzt sind weite Teile davon zum Museum umgestaltet.

Das Haus: Ein buntes, kreatives Puzzle

„Es gleicht einem bunten, kreativen Puzzle“, erzählt María, die schon lange die Führungen macht und eine wahre Expertin ist. „Normalerweise baut man ein Haus und dekoriert es danach. Hier hatten Ben und Yannick Jakober vor dem Bau schon ordentlich nach wunderschönen Fundstücken „gegraben“: Kacheln aus dem 16. Jahrhundert aus Granada, eine gesamte Kassettendecke, im Mudéjar-Stil, antique Türen. Die Teile der Kasettendecke sollten „Stück für Stück in einem Antiquariat in Madrid verkauft werden – Gott sei Dank kamen sie früh genug, um die gesamte Decke zu erstehen.

Im ersten Raum zeigt María auf ein kleines Kissen. Es sieht einladend und gemütlich aus. „Fasst es einmal an“, fordert sie beim Rundgang auf. Es ist steinhart und kalt – eine Skulptur aus Metall, täuschend echt. Ein Kunstwerk von Ben Jakober selbst.

Vorsicht – hart!

 

Wir dürfen einen Blick in die Bibliothek werfen, die normalerweise nicht dem Publikum zugänglich ist. Ein aus Computerchips und beleuchteter Turm steht am Treppengeländer, ein Rad mit Büchern bespickt hängt an der Wand am Treppenaufgang. „Leer con prisa“ heisst das Werk – in Eile lesen. Eine kleine Anspielung auf die Schnelllebigkeit unserer Zeit aber auch ein cleveres Wortspiel, denn die gestifteten Bücher stammen alle aus dem spanischen Verlagshaus „Prisas“.

 

María führt uns in den ersten Stock. Mitten im Raum liegen bequeme Sitzkissen. Ich lege mich auf einen der grossen Knautschsäcke, diesmal sind es echte, ich lasse mich fallen und blicke in den wunderschönen Deckenhimmel.

 

Das gesamte Musem ist ein Ort zum Entdecken. Bilder, die dem Pointilismus ähneln, von nordafrikanischen Künstlern. Installationen von Rebecca Horn, der deutschen Künstlerin, die auf der Insel lebt  und den beiden eine Installation gewidmet hat.

In der Mitte die Stiftungsgründer Ben und Yannick Jakober

Eine afrikanische Tragevorrichtung für Elefanten.

Werke von Biel Barceló, Yoko Ono und Picasso säumen das Treppenhaus.

Besonders angetan haben es mir die Tuschezeichnungen des italienischen Künstlers Domenico Gnoli. Fantastische Fabel- und Monsterwesen, traditionelle Szenen der spanischen Kar-Woche, mit feinster Feder gezeichnet.

 

Arabisches Flair vermischt mit Mittelmeer und Kunst

Dahinter schliesst sich ein Raum an, der ganz besonders ist. Die Morgensonne wird durch dunkelgrüne Tarnnetze an den Fenstern gebrochen.“ Sie stammen aus Paris“, erzählt María. Die Sammler haben wirklich ein Händchen für das Ungewöhnliche, denke ich mir. Der Traumblick auf die Terrassen des Hauses und das dahinter liegende Meer sind so ein wenig versperrt, aber ich schiebe die Vorhänge zaghaft zur Seite und erhasche einen Blick nach draussen: Wunderschön!

Viel mehr möchte ich von dem Haupthaus nicht verraten – man muss es selbst gesehen und erlebt haben. Denn  ich finde, es sind nicht nur die Bilder und Objekte, die es so speziell machen – es ist vielmehr die Kombination aus Architektur, Licht, Lage und kreativer Sammlung, die dieses Museum ausmachen.

Unsere Tour endet jetzt. Wir gehen nach draussen. 45 spannende Minuten voller schöner Eindrücke.

Kunst soll „nah“ und alltäglich sein!

Ich habe das Glück, und darf mit Gabriel Barceló, dem Direktor des Museums, sprechen. Der junge Mallorquiner verrät mir ein wenig über sich und seine Arbeit hier. Seit zwei Jahren leitet der Kunstexperte das Museum, tauschte es gegen die bolivianische Hochebene in La Paz aus, wo er sieben Jahre lebte und ein spanisches Kulturzentrum aufbaute. Von Null . „Es waren spannende Jahre, ich lernte mich und meine mallorquinische Identität komplett neu kennen“, erzählt er. Besonders begeistert haben ihn dort die vielen, vielen jungen Leute, die nach der Schule oder den Vorlesungen zu Vorträgen oder Ausstellungen ins Kulturzentrum strömten.  Das sei hier ganz anders. „Als ich zurück nach Mallorca kam, fielen mir zuerst die vielen älteren Menschen auf“, sagt er. Daher ist eins seiner Anliegen, Kunst vom „hohen Sockel des Abstrakten“ herunter zu holen, es solle Teil des Alltags sein. „Hey, lass uns heute mal im Museum vorbeischauen“, solche Sätze aus dem Mund junger Leute hier, das ist sein Traum. Jetzt schon kommen fast täglich Schulklassen ins Museum und lernen, was eine Skulpur eigentlich ist, sie lernen Kunst zu begreifen und kindgerecht zu verstehen.

Gabriel Barcelós Lieblingsort des Museums ist der Saal mit der Kassettendecke. „Dieser Raum ist einmalig, wenn ich die Tür öffne und eintrete, empfinde ich es als etwas Besonderes“. Aber er hat noch einen anderen Ort in sein Herz geschlossen. Das Observatorium oben auf dem Berg. „Allein die letzten Meter beim Aufstieg, wenn der Horizont mit dem Meer auftaucht, das liebe ich besonders. Und dann die Ruhe dort oben.“

Optische Täuschung. Quelle: msbb

 

Blick vom Observatorium Richtung Alcudia

Blick vom hinteren Teil des Geländes auf das Meer.

 

Kinderporträts und moderne Kunst in alten Zysternen

Wer jetzt noch Lust hat, kann sich in der ehemaligen Zisterne die europaweit einzigartige Kindergemäldeausstellung anschauen. „Nins“ nennt sie sich. Einen Audiaguide gibt es für 3 Euro dazu.

Einzigartig: Kinderporträts aus Europa der letzten 500 Jahre. Ein Abbild der Gesellschaft. Quelle: msbb

Oder wer es lieber ein wenig moderner mag, steigt in den Ausstellungsraum „Sokrates“ hinab, wo sich Zeit und Raum miteinander verweben. Hier geht es moderner zu bei Installationen, Skulpturen und Licht.

Leben und Tod, nah beieinander. Quelle: msbb

Besuch bei den steinernen Tieren im Park

Mich zieht es nach draussen in die Sonne. Ich möchte den steinernen Kamelen, Stieren und Hündchen einen Besuch abstatten.

 

Das Beste steht ganz hinten, im letzten Winkel des Parks.

 

Eine Riesenkrake, haushoch, metallen mit fantasievollen Augen.

Weglaufen zwecklos, merke ich. Aber ich möchte auch gar nicht von hier fliehen. Im Gegenteil. Ich möchte mich auf eine der Bänke setzen, dem Morgentau beim Verschwinden zusehen, sehen, wie die noch zartgrünen Blätter des Feigenbaums im Licht leuchten, die kleinen steinernen Menschen bei ihrem Reigen im Kreis beobachten und den Vögeln lauschen.

Sa Bassa Blanca msbb ist von Montag bis Samstag von 10.00 bis 18.00 geöffnet.

Mittagspause im Haupthaus und den Ausstellungen von 13.00 bis 14.30 Uhr.

Geführte Touren gibt es um 11,12,15 und 16 Uhr (ausser Dienstag). Dienstags ist freier Eintritt.

Für weitere Informationen zu besonderen Touren für Gruppen, Events (Hochzeiten, Konferenzen etc.) bitte direkt das Museum kontaktieren: direccion@fundacionjakober.org oder telefonisch (0034)900 777 001 (Gratis).

 

Copyright: Alle Bilder, wenn nicht anders gekennzeichnet, stammen von Dorothee Kammel.

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