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Die Süßkartoffel ist eine Mallorquinerin

Januar 27, 2017 0 comments

Ich liebe sie, die Süßkartoffel oder auch Boniato, Maniato, camote oder patata dulce genannt. Süßlich wie ein Kürbis, schnell zu kochen, im Ofen oder frittiert, als Beilage, Hauptgericht oder Nachtisch. Die Süßkartoffel ist wunderbar wandelbar und zaubert im grauen, vitaminarmen Winter ein wenig Farbe auf meinen Essteller. Ich habe mich in Palma ein wenig umgeschaut, wie die „Lage“ dieses Wintergemüses denn so ist…

Hätte Juana vom Obst- und Gemüsestand auf dem Olivarmarkt den Wikipedia-Eintrag zur Süßkartoffel oder Boniato, wie sie hier genannt wird, geschrieben, würde dort folgendes stehen:

Die weiße Süßkartoffel ist ein mallorquinisches Urgewächs, eine Mallorquinerin sozusagen. Ganz klarer Fall. Deshalb verkauft sie die roten erst gar nicht an ihrem Stand auf dem Markt. Das seien südamerikanische Mitbringsel, sagt dies und wiegt die knorrigen, teils noch erdigen Knollengewächse in der silbernen Waagschale. Drei Euro pro Kilo verlangen sie und ihr Mann dafür. Sie kaufen die Boniatos bei einem Bauern aus Sa Pobla, dem Kartoffel-Mekka der Insel.

Mallorquinerin oder Südamerikanerin – oder beides?

Der Landwirt aus Manacor, der am frühen Morgen auf dem Großmarkt Mercapalma mit seiner Hornbrille und dem ordentlichen Seitenscheitel eher einem Juristen gleicht, sieht das ein wenig differenzierter. Woher die Süßkartoffel, die er anbaut, genau stamme, das wisse er nicht. Die Samen und Setzlinge hat er von seinem Vater. Er verkauft die Moniato, wie sie in Manacor heißen, für zirka ein Euro das Kilo auf dem Großmarkt. Rote und weiße. Der Markt sei relativ klein,  2– 3000 kg jährlich setzt er ab. Die Anbaufläche die er dafür hat, sei ebenfalls überschaubar.

Im Märzen der Bauer…

Vom Geschmack her gleicht sie einem Kürbis, ist leicht süßlich und gebraten oder im Ofen gebacken eine Köstlichkeit. Der größte Markt ist der chinesische, wo die Süßkartoffel sogar zu Nudeln verarbeitet wird. März sei auf der Insel die beste Zeit zum säen, wobei die kleinen Pflanzsetzlinge aus den Trieben guter Süßkartoffeln des Vorjahres gewonnen würden, erzählt der Landwirt aus Manacor zwischen den gestapelten Kisten mit Gemüse. „Wenn die sogenannten Augen Triebe entwickeln, knippst man diese ab und pflanzt sie ein“, erklärt er. Die Ernte erfolgt maschinell und von Hand. Die Grobarbeit des Aufpflügens erledigt ein Traktor, wobei man hier aufpassen muss, dass die Süßkartoffeln nicht zerschnitten werden. Das Herausklauben wird dann von Hand gemacht. Die Triebe der Süßkartoffel wachsen gerne in die Breite.

Ein Verkäufer auf dem Olivarmarkt ist eher zurückhaltend, was den vermeintlichen Verkaufsboom der Süßkartoffel angeht. Tendenziell pessimistisch betrachtet er das Kaufverhalten der Leute im allgemeinen. „Die Zahlen sinken“, erzählt der Mann vom Gemüsestand. Das bestätigt auch der Landwirt aus Manacor.

Mark Schuback, Gourmet und Blogger zu allem, was lecker und frisch ist, lässt sich davon nicht beeindrucken. Der Deutsch-Ecuadorianer schwört auf die Boniato. “Ich liebe ihre Vielschichtigkeit. Man kann sehr gut mit den verschiedenen Geschmacksrichtungen spielen und kreative Gerichte zaubern.“ Er persönlich bevorzugt die helle Süßkartoffel. Aber für Chips sei die rote fantastisch. Seine Rezepte sind kreativ und etwas ganz besonderes. Er zaubert aus der Süßkartoffel eine wohlschmeckende Suppe aus Süßkartoffeln, Zimt, mit der scharfen südamerikanischen Chipotle (Paprikaschote) und saurer Sahne. Abgesehen von diesem Rezept lohnt es sich, auf seinem blog gourmeto häufiger mal vorbei zu schauen.

Was man mit der Süßkartoffel kulinarisch anstellen kann, ist so facettenreich wie ihre spanischen Namen: bataca, batata, boniato, buniato, camote, moniato, patata de Málaga, patata dulce y minina oder chaco. Anders als die Kartoffel ist die Boniato auf Mallorca ein typisches Wintergemüse. Oktober bis Frühjahr ist Boniato-Zeit. Im Ofen, auch mal frittiert zu Fleisch, mit einem kräftigen Fischeintopf  und Gemüse, so lieben die Insulaner diese Knolle.

Aber auch knusprig ausgebacken und anschließend mit Puderzucker bestäubt ist sie als Bunyols eine typische mallorquinische Nachspeise. Der zäh-sämige Teig wird aus einer Mischung herkömmlicher Kartoffeln und Süßkartoffeln, Mehl, Eiern und Backpulver hergestellt. Mit leicht angefeuchteten Fingern bohrt man kurz vorm Frittieren das Luft-Loch in die Teigmasse. Einmal wenden, abtropfen lassen und Puderzucker drauf. Dazu eine heiße cremige Schokolade und der Winter darf kommen.

Eine Bunyols-Anleitung findet ihr hier

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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